Madhu Einsiedler

Tun in der Krise? Meine Intentionen erkennen!

Es gibt soviel zu tun!

Ich muss sagen, ich finde das alles persönlich ziemlich anstrengend.

Ich arbeite nicht einmal in den essentiellen Branchen, wie Menschen, die im Gesundheits- oder Lebensmittelbereich tätig sind.

Ich kenne das Arbeiten im Home Office, ich habe keine Kinder, die jetzt zuhause geschult und beschäftigt werden wollen. Mein Mann und ich sind es gewöhnt, zusammen zu sein (immerhin arbeiten und leben wir seit 22 Jahren zusammen). Meine Eltern in Linz sind gut versorgt und sicher, auch wenn es in der ersten Woche eher ein Akt war, sie davon zu überzeugen, dass sie sich mit Lebensmittel und Medikamenten versorgen lassen und nicht aus dem Haus gehen (sie sind Mitte 80 und sehr fit).

Und trotzdem finde ich „das alles“ wirklich anstrengend.

Was ist dieses „das alles“?

Ich nehme sehr viel Tun war.

Tun, mit dem jede und jeder von uns das eigene Leben gestaltet, und auch andere, da wir ja zusammen in einer Gesellschaft leben, beeinflusst.

Daher finde ich es wichtig, hinzuschauen, welche Intentionen dieses Tun auslösen, bzw. antreiben.

Also Tun und dessen Intention(en), und die Auswirkungen in dieser jetzigen Zeit, darum geht es in diesem Blog.

Erstmal, von welchen unterschiedlichen Tuns rede ich hier:

Tun 1

Kommunikation – Information und Fakten sind notwendig und selten habe ich unsere Regierung so stringent und hilfreich informierend wahrgenommen – und so oft.

Dazu kommt die Kommunikation, die Beschallung auf all den anderen offiziellen Kanälen, mit, ich könnte es Lust am Drama nennen, an den steigenden Zahlen, noch mehr Menschen, die in noch mehr Länder infiziert sind und sterben.

Dazu die Beschallung mit all möglichen Memes und (mehr oder weniger wirren) Infos auf den inoffiziellen Kanälen.

Und erst die beruflich bedingte Beschallung.

„Virtuelles Führen – hier lernen“, „Wie Teams virtuell zusammenarbeiten“, „Richtiges Krisenmanagement“, „Führen in der Krise“, „Wie HomeOffice gut gestalten“ – die Angebote überschlagen sich gerade.

Als Führungskraft und als MitarbeiterIn weiss man ohnehin gerade jetzt oft gar nicht mehr, wo einem der Kopf steht – und dann noch diese Flut an Tipps und Tricks.

Viele der Informationen haben natürlich ihre Berechtigung, können hilfreich sein bei der Umstellung auf Eh-alles-Virtuell und notwenig bei der Bewältigung eines neuen Alltages.

Aber was treibt diese Flut an Informationen wirklich? Mit welcher Intention wird informiert, werden Tipps und Tricks gegeben?

Tun 2

Ich sehe soviel Agilität, Kreativität, Innovation und menschliches Zusammenrücken.

Ich sehe soviel von einer vorher als nicht-möglich vermeinten Kompetenz und schau-wie-unglaublich-gut-jetzt-gelebten Agilität und Kreativität, mit der Menschen dieser Situation begegnen.

Wo es vorher hieß ‚geht nicht‘, ‚brauchen wir nicht‘, ‚können wir nicht‘ stellen Firmen übers Wochenende auf Home-Office um, werden Online-Meetings gestaltet, rufen sich Kollegen zweimal täglich an, um sich zu koordinieren, da der Kaffeetratsch weggefallen ist.

Virtuelle Geburtstagsparties, virtuelles Vorlesen, sogar Hochzeiten, die virtuell zusammen gefeiert werden – ich sehe, wie wir Menschen nun die Menschen in den Mittelpunkt rücken. Wie wir, obwohl wir physisch Abstand halten, emotional zusammen rücken. Nachbarschaftshilfe, Gespräche via Telefon und Video, die tiefer werden, man wechselt die Straßenseite und lächelt sich zu, man hört sich zu, ist für einander da, hat jetzt auf einmal – Zeit.

Die virtuelle Präsenz muss uns das physische Zusammensein ersetzen, ein Mehr an virtuell scheint das Fehlen von physischer Präsenz ausgleichen zu müssen.

Ich sehe auch Kunst, die online geht, Wohnzimmerkonzerte, Museumsführungen, Theateraufführungen, Opern – soviel wird nun online gestellt, kostenlos verfügbar gemacht. Was uns vorher in einem gemeinsamen Raum des Theaters, des Kinos, der Oper in einem gemeinsamen Erleben zusammengebracht hat, wird vereinzelt zuhause konsumiert. Auch hier ein Mehr, eine schiere Menge.

Was treibt diese Innovation, die Agilität, dieses Zusammenrücken an? Mit welcher Intention ‚zoomen‘, ‚bluejeansen‘ wir?

Welche Intentionen treiben unser Tun?

All unser Tun wird initiiert von einem Wollen.

Wir wollen etwas erreichen, wollen etwas vermeiden oder wollen einfach nur dem Ausdruck geben, das gerade ist.

Schauen wir uns diese Intentionen näher an:

Intention A – etwas vermeiden wollen, gegen etwas ankämpfen, etwas absichern, etwas erreichen wollen

Eine Intention des Tuns kann der Versuch sein, die Unsicherheit, die potentielle Ohnmacht, die eine Situation auslöst, nicht zu spüren.

Ich denke, viel von dem jetzt oft hektischem, panischen Tun, entsteht aus genau diesem Versuch, dieser ungewohnten Situation zu entkommen; zu versuchen, die Existenz zu sichern und das was schon immer funktioniert hat, jetzt auch als funktional zu erleben; sich seiner Selbstwirksamkeit zu versichern, immer und immer wieder.

Viel entsteht auch aus dem Versuch heraus, in unserer Aufmerksamkeitsökonomie nicht den Anschluss zu versäumen; sichtbar zu bleiben für das Danach, sich im Gespräch zu halten, den Kunden, dem Zuschauer, dem Fan im Gedächtnis zu bleiben, im gefühlten Rennen vorne dabei zu bleiben.

Vieles entsteht auch aus dem Bedürfnis, zusammenzurücken, sich gegenseitig des Seins zu versichern, dem Gefühl des Alleinseins keinen Raum zu geben; sich aneinander festzuhalten; solange ich dich wahrnehme, kann ich davon ausgehen, dass es mich noch gibt.

Das Tun wird Mittel zum Zweck.

Intention B – etwas Ausdruck geben, das gerade da ist, das ausgedrückt werden will

Ich könnte einiges Tun auch dieser Intention zuschreiben, ein Tun, das aus dem Raum heraus entsteht, der sich aufmacht, wenn wir innehalten, wenn wir mit dem sind, was jetzt ist – wirtschaftlicher Stillstand, Fokus auf die Gesundheit, Unsicherheit, Ohnmacht, Nichtwissen.

Die Intention, dem Ausdruck zu geben, was mich gerade bewegt, wie ich diese Zeiten wahrnehme; Raum zu machen, um zu spüren und diesem Spüren dann Ausdruck zu geben, wie auch immer; nachbarschaftliche Hilfe, gelebte Solidarität, Fokus auf das Wesentliche, auch bei der Arbeit, Kreativität, Kunst.

Menschen spüren zu wollen, nicht aus der eigenen Angst heraus, sondern aus der Erkenntnis heraus, wie wertvoll sie eigentlich sind und wie wenig Raum wir Nähe in unseren sonst so geschäftigen Leben geben.

Kunst zu machen, nicht um aktuell zu bleiben, um ‚sichtbar‘ zu bleiben, sondern weil man damit etwas sagen will, etwas ausdrücken will, das noch gar nicht gut ausgedrückt werden kann.

Tun als Selbstzweck, ohne ein Um-zu.

 

Diese Covid-19 Pandemie macht etwas mit uns.

Sie macht uns Angst, unsicher, existenziell.

Sie macht auch einen Raum auf, in dem wir, neben der Angst, auch spüren können, was für uns wirklich wichtig ist.

Es liegt an uns, aus welchem Raum heraus, aus welcher Intention heraus, wir handeln.

Ich habe den Blog mit Tipps und Tricks nicht fertig geschrieben.

Mit all dem Spazierengehen (mein 16jähriger Hund ist so fit wie sie selten war) ist mir klar geworden, ich hätte das nur geschrieben, um im Rennen zu bleiben, um zu sagen „ich weiß das auch, ich kann das auch!“.

Doch diese Idee, im Rennen bleiben zu müssen, ist das, was mich anstrengt; mich strengt an, wenn ich nicht sage und schreibe, worum es für mich wirklich geht.

Den Dingen, Intentionen auf den Grund gehen, ist Ausdruck meiner Kreativität und gibt mir Energie und Kraft.

Darum haben Sie jetzt gelesen, was Sie gelesen haben :)

Und wenn Sie Interesse an Unterstützung haben, wie immer diese für Sie hilfreich sein kann, kontaktieren Sie mich gerne!